Los Cuernos und Mirador de los Condores – Wandern in Torres El Paine

1.1.2019

Heute wollen wir uns warmlaufen für den großen Torres Base Trek morgen. Aus dem reichhaltigen Wanderprogramm des Patagoniacamp wählen wir 2 kürzere, mittelschwere Wanderungen aus, die wir zu einem Tagestrip kombinieren. Mit uns kommt eine 5-köpfige Familie aus Kanada und unser Guide Ignacio („Nacho“). Nacho kommt aus Santiago und arbeitet schon viele Jahre als Guide. Meistens arbeiten die Guides die Saison (ca. 7-8 Monate) durch und gehen dann für 2-3 Monate auf Reisen. Nacho spricht hervorragendes Englisch und war sogar schon mal in Bayern zum Klettern.

Türkisblauen Gletscherseen im Torres El Paine

Zunächst geht es mit dem Van ca. 1 Stunde tief hinein in den Nationalpark zu unserer ersten Wanderung. Es geht vorbei an Bergen, wunderschönen türkisblauen Gletscherseen und rauhen Granitfelsen. Ich fühle mich etwas an Kanada und das kanadische Schild erinnert, das bestätigt mir auch die Familie aus Toronto. Wir beginnen mit dem Mirador de los Condores in der Hoffnung, dort endlich einmal Kondore zu sehen. Da der Wind immer stärker  wird und die Kondore nicht fliegen, wenn es zu windig ist, hoffen wir auf unser Glück.

Rechts und links sehen wir viele abgebrannte Waldflächen. 2011 hat hier ein verheerendes Feuer gewütet und viele Hektar uralten Baumbestandes vernichtet. Durch die starken Winde konnte das Feuer problemlos sogar über die breiten Seen springen. Gespenstisch ragen viele Baumruinen in den Himmel.

Wir wandern zunächst eine längere Strecke bergauf über felsiges Terrain. Unterwegs erklärt uns Nacho immer wieder die Pflanzenwelt. Hier finden wir auch wieder die Calafatebeere, die hier sogar schon reif ist. Optisch ähnelt sie der Blaubeere und schmeckt aromatisch sauer und ein wenig nach schwarzer Johannisbeere. Aus ihr wird auch Likör hergestellt, der für den bekannten Cocktail Calafate Sour genutzt wird – den wir abends an der Bar auch probieren. Wir verkosten die Beeren und haben nun der Legende nach die Möglichkeit, wieder nach Patagonien zurückzukehren. Uns würde es freuen.

Calafatebeere – wer sie probiert, kommt wieder nach Patagonien
Calafate Sour: aus Pisco, einem Tresterschnaps, Calafatebeerenlikör und Zucker

Eine zweite interessante Beere ist die Chaura – kleine hell-rosa Beeren (so groß wie Blaubeeren aber von der Form eines Apfels), die aromatisch süß schmecken, fast ein wenig nach Honig.

Chaura Beere

Nach der Beerenverkostung geht es nun recht steil nach oben zum Gipfel des Berges.  Der Wind weht sehr stark. Wir haben Mühe, uns auf den Beinen zu halten und der Sand geht in die Augen. Eine Sonnenbrille und eine Bandana als Sturmhaube vor Mund und Nase wirken hier Wunder.

Und dann sind sie da: majestätisch segeln hoch über uns erst einer, dann zwei Kondore. Sie sind recht weit weg, aber die Größe macht klar – es kann keine anderer Vogel sein.  Es ist unglaublich: wie Segelflieger liegen die Vögel in der Luft, ganz selten gibt es mal einen Flügelschlag und wir sehen die weiten beeindruckenden Schwingen.  Kondore können Flügelspannweiten von 2.5-3 Metern erreichen.

 

Nach einer kurzen Pause am sehr windigen Gipfel geht es vorsichtig über Geröll wieder hinab und auch die Kondore kommen noch einmal zu uns zurück.

Wir entscheiden uns, vor dem Lunch auch noch die zweite Wanderung durchzuführen. Nur 10 Autominuten entfernt stoppen wir an einem beeindruckenden Wasserfall, der recht ordentliche Ausmaße hat und mit viel Getöße in die Tiefe stürzt.

Salto Grande bei Los Cuernos

Unser Guide zeigt uns ein Video: vor einigen Wochen ist wohl ein Lama oben am Fluß ins Wasser geraten, konnte sich nicht mehr aus den Fluten befreien, landete dann im Studel und wurde den Wasserfall hinuntergeschleudert.

Wir beginnen unsere Wanderung zu den Los Cuernos – den 2 Hörnern, einem bekannten Gebirgsmassiv im Torres El Paine. Es geht mit nur leichtem Anstieg ca. 1 Stunde am Fluß entlang.

Blick auf die Los Cuernos
Wanderung zu Los Cuernos

Unterwegs treffen wir eine Lama-Familie.  Es gibt immer ein Alphatier, welches die Familie beschützt. Sie laufen ganz ruhig vor uns über den Wanderweg und verschwinden dann wieder im Gebüsch.  Das Alpah-Lama checkt regelmäßig die Lage, sieht uns aber nicht als Gefahr.

Wir erreichen den Fuß der Los Cuernos, davor liegt ein großer türkisblauen Gletschersee. Diese Art Amphitheaterformationen mit Felsmassiven und davor einem See gibt es hier häufig, aber alle müssen (mal mehr mal weniger anstrengend) erwandert werden.

Wir genießen die Natur und wandern dann zurück. Einsam sehen wir ein Lama auf dem Felsen stehen.

Nun geht es zu einem späten Lunch. Auf einem Campingplatz am Lake Pehoe halten wir an: Es gibt Sandwiches, leckere Gemüsesuppe aus der Thermoskanne, Käsewürfel und Wein. Es bleibt Zeit für Gespräche und ich tausche mich mit der kanadischen Familie über meine Zeit in Toronto aus. Es stellt sich heraus, daß ich damals nur 3 Blocks von ihrer jetzigen Wohnung entfernt gewohnt habe.

Campingplatz mit Aussicht auf Lake Pehoe

Die Flagge Chiles und die Flagge Patagoniens (gelb für die Steppe, weiße Berge für das Eisfeld und die Anden und blauer Himmel mit dem Kreuz des Südens als Sternbild

Zufrieden kehren wir am späten Nachmittag ins Patagoniacamp zurück.

Einfahrt Patagonia Camp
In der Ferne sehen wir schon unsere Jurten am Berghang über Lago Torro

Wir entspannen im Außenjacuzzi unserer Jurte und ich gehe noch einmal zur Lounge (nur dort gibt es Internet), um etwas mit meinem Blog voranzukommen. Die Bilder Uploads sind so langsam, daß es kaum Spaß macht. Es ist weiterhin „digital detox“ angesagt.

Außenjacuzzi

Mein Mann und unser Sohn gehen noch eine Runde Fischen direkt unten am See.

Blick auf den Lago Torro vom Camp
Fischen

Wir gehen heute nicht so spät ins Bett. Morgen um 7:30 Uhr ist Abfahrt für eine der herausforderndsten Wanderungen, die das Camp anbietet: den Base Torre Trek eine Wanderung über 24km, über 1000 Höhenmeter und über extrem steiniges Terrain. Haben wir uns da zuviel zugemutet? Der morgige Tag wird es zeigen. Wenn wir es schaffen, haben wir einen einmaligen Blick auf das Amphitheater der 3 Torres Türme (Wahrzeichen des Parks), die nur auf dieser Wanderung so erschlossen werden können.