30.12.2018
Nach einer verhältnismäßig ruhigen Nacht – ich bin nur einmal kurz vom starken Schaukeln des Schiffes aufgewacht – geht es morgens raus zu einem besonderen Abenteuer im Agostini Nationalpark: wir fahren mit den Zodiacs direkt bis an den Fuß des Condorgletschers: weiß-blau ragt der Gletscher direkt vor uns empor und läßt uns ganz klein fühlen.
An der rechten Seite bricht ein breiter Wasserfall auf halber Höhe hinab.
Wir verweilen länger in der Bucht. Heute sind wir mit allen Deutschen an Bord (9) zusammen auf einem Zodiac mit der deutschen Führerin Guste unterwegs und können deshalb den Ausführungen sogar in unserer Muttersprache lauschen.
Wir bewundern die Gletscherspalten – diese entstehen, wenn der Gletscher sich auf das Tal zubewegt und so mehr Platz bekommt.
Auch der Condorgletscher ist ein sogenannter Meeresgletscher, d.h. er ist in direktem Kontakt mit dem Wasser. Guste erzählt uns von Plüschow, einem deutschen Militärflieger aus dem 1. Weltkrieg, der nach Patagonien kommt und dort sowohl als erster die Darwin-Cordilleren überfliegt, also auch das erste Postflugzeug zwischen Ushuaia und Punta Arenas einrichtet. Damit wurde die Postsendezeit von 3 Tagen auf 2 Stunden verkürzt. Leider verunglückte Plüschow später bei einem seiner Flüge. Er hinterläßt spannende Literatur, z.B. das Buch „Silberkondor über Feuerland“, welches ich mir nach dem Urlaub unbedingt holen werde. Anscheinend hat Plüschow seine Cordilleren Überquerung auch gefilmt und die Filme sollen auf YouTube zu finden sein.
Zum Abschluß beobachten wir noch Dominikanermöwen und eine kleine Kolonie mit Königskormoranen, die sich fast wie Chamäleons in die Felsenlandschaft eingliedern.
Kormorane sind die besten Fischer der Welt. Deshalb folgen die „menschlichen Fischer“ auch ihrem Instinkt für Fischereigründe und wir sehen einige Reusen zum Fischen von Königskrabben.
Mittags lauschen wir einen sehr spannenden Vortrag über die Magellanpinguine, die wir hoffentlich morgen früh beim Landgang auf der Insel Magdalena sehen werden. Wir erfahren viel über Lebensweise und Fortpflanzung dieser Tiere, die ja nur auf der Südhalbkugel der Erde leben. Wir haben Pinguine bereits in Ecuador und in Südafrika gesehen. Die Magellanpinguine haben ihren Namen tatsächlich vom Seefahrer Magellan, der diese Tiere als erster Europäer beschrieben hat. Er nannte sie damals wegen ihres watschelnden Ganges „stupid ducks“ („dumme Enten“). Tatsächlich sind die Pinguine nur an Land unbeholfen, da sie keine Kniegelenke besitzen und deshalb steifbeinig watscheln. Im Wasser tauchen sie wie die Delfine und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 25km/h.
Für den Nachmittag ist noch ein Langang am Aguilargletscher (Adlergletscher) geplant. Bei strömendem Regen fahren wir mit den Zodiacs los. Wir wandern entlang der Moräne und haben heute einen eindeutigen Fokus auf der Pflanzenwelt.
Wir begutachten riesige Algen, die am Strand liegen und die schon von den Yagans zum Vertäuen ihrer Kanus verwendet wurden.
Weiter geht es in den spannenden „subantarktischen kalten Regenwald“. Dies ist der südlichste Wald der Erde und ein Primärwald, d.h. von selbst entstanden durch Moose und Farne und nahezu unberührt. Das Spannende sind nicht die großen Bäume sondern der Miniaturwald am Boden des Waldes – es gibt hier eine ungewöhnliche Artenvielfalt an Moosen und Flechten.
Diverse davon mit heilender und teilweise antibiotischer Wirkung, z.B. bei Magen und Darmerkrankungen. Wir sehen auch die sogenannte „Calafatebeere“ (buchsbäumige Berberitze). Die Legende sagt: wer ihre Beeren ißt, der kommt nach Patagonien zurück. Leider sind die Beeren im Moment noch nicht reif…
Eine weitere Pflanze, die ähnlich aussieht, wie ein Rhododendron, ist eine Vitamin C Quelle und wurde von den Seeleuten gegen Skorbut genutzt. Interessanterweise gibt es in diesem Wald keine Säugetiere (nur Vögel und Insekten), da es keinen Landweg für die Einwanderung dieser Tiere gab.
Schließlich kommen wir zum Gletscher – und wieder schlägt uns die weiß-blaue Mischung in ihren Bann.
Vollkommen durchnäßt geht es nach 2 Stunden zurück. Heute Abend steht leider schon wieder Koffer packen auf dem Programm, aber auch ein Captain‘s Dinner zum Abschied.
Mein Mann holt sich noch eine Seekarte der patagonischen Fjorde in die der Kapitän unsere Route einträgt. Sie soll später bei uns zu Hause einen schönen Platz finden. Nun geht es Richtung Punta Arenas.
Eine Reise auf der Ventus Autralis ist nicht billig aber definitiv ihr Geld wert. Es ist eine einzigartige Verbindung von komfortablem Ambiente auf dem Schiff mit naturnahen Abenteuern auf den Inseln und Gletschern der patagonischen Fjordwelt. Die Besatzung ist extrem freundlich, die Naturführer sehr kompetent. Es gibt hervorragendes Essen und alle Gäste an Bord sind sehr entspannt.
Cruceros Australis, www.australis.com (Buchung über America Andina)