Nach einem kurzen Flug landen wir heute in Hanoi. Die Hauptstadt mit ihrer über tausendjährigen Geschichte und ihren scheinbaren Gegensätzen zieht uns sofort in ihren Bann. In guter friedlicher Koexistenz sehen wir kommunistische Kontrolle neben unbändiger Lebensfreude mit westlichen Einflüssen. Die einstige französische Kolonialzeit hat auch europäische Spuren hinterlassen.
Unser Hotel, das wunderschöne MK Premier Boutique Hotel, liegt direkt in der historischen Altstadt. Dorthin geht es nur zu Fuß. Wir verlassen also unseren Bus und ziehen mit unseren Koffern durch die lebendigen, engen Gassen – was für ein tolles Gefühl: wir sehen die typischen Bambustragestangen, kleine Geschäfte und Restaurants vor denen auf Miniplastikhockern und nur in der Hocke, die Einwohner stundenlang verweilen; um die Ecke werden jemandem auf der Staße die Haare geschnitten – überall ist geschäftiges Treiben.
Nach einem sehr köstlichen Mittagessen begeben wir uns auf eine Stadtrundfahrt in kleinen Elektroautos. Wir fahren durch die engen Straßen, die, wie auch schon in Saigon, immer einem bestimmten Handwerk gewidmet sind, vorbei geht es an der Oper, der St. Josephs- Kathedrale bis zum Hoan Kiem See im Zentrum der Stadt. Dieser See ist ein beliebter Treffpunkt der Einwohner. In seiner Mitte erhebt sich eine kleine Insel mit dem sogenannten Schildkrötenpavillon, der auf die Legende von der goldenen Schildkröte und dem wundersamen Schwert zurückgeht. Im See hat tatsächlich bis 2016 eine sehr seltene 200kg schwere Jangtse-Riesenschildkröte gelebt. Wir haben sie also um nur 1 Jahr verpaßt. Ihre Überreste werden heute im Jadebergtempel ausgestellt, den man über eine rote Brücke vom Ufer aus erreichen kann. In diesem Tempel wird neben anderen Gottheiten auch Van Xuong, der Gott der Literaten verehrt.
Vom Hoan Kiem See ist es nur eine kurze Taxifahrt zum Ho-Chi-Minh Mausoleum – hier ruht der einbalsamierte Leichnam des ehemaligen Präsidenten und weltweit bekannten Revolutionsführers, der von allen liebevoll „Onkel Ho“ genannt wird.
Interessant ist, daß der eher bescheidene Ho eigentlich verfügt hatte, daß er nach seinem Tode verbrannt werden sollte. Dies wurde dann aber von seinen Nachfolgern anders entschieden. Das Mausoleum ist gigantisch groß und soll an Ausmaßen sowohl das Leninmausoleum (das kann ich bestätigen) als auch das Mausoleum von Atatürk in Ankara übertreffen. Das Mausoleum ist heute geschlossen. Trotzdem erwarten die Ordnungshüter auch bei Außenbesichtigung dezente Kleidung – fast wie in einer Kirche. Einige von uns müssen sich mit Tüchern die Schultern bedecken. Hinter dem Mausoleum findet sich der sehr interessante botanische Garten, darin auch der Präsidentenpalast und das bescheidene Wohnhaus Ho-Chi-Minh‘s.
Eigentlich stand ihm der Palast, ein ehemaligen Prachtbau aus der französischen Kolonialzeit, als Wohnung zur Verfügung, er aber begnügte sich mit einem einfachen traditionellen Stelzenhaus, welches wir besichtigen können. Als Junggeselle hatte er sehr geringe Ansprüche an persönlichen Luxus. Daneben das Bürohaus mit seinem Arbeitszimmer. Hier hängen noch die Bilder von Marx und Lenin über dem Schreibtisch.
Daneben kann man in Garagen Luxuskarossen – Geschenke von anderen Staaten – besichtigen. Wir machen noch Rast an der Einsäulenpagode, und fahren danach zurück ins Hotel.
Dort entspannen wir im SPA, es gibt Massagen und auch der sehr große Whirlpool kann stundenweise exklusiv gebucht werden – ein guter Swimmingpoolersatz für die Kinder. Es wird Abend und wir lassen uns auf der wunderschönen Dachterasse des Hotels nieder – von hier oben hat man einen tollen Blick auf das geschäftige Leben in den engen Gassen, das am Abend erst so richtig los geht. Es gibt spannende Cocktails, z.B. mit Gurke und wir lassen den Abend gemütlich ausklingen.
Ganz früh brechen wir heute zum Keramikdorf Bat Trang auf. Wir fahren längeren Zeit durch das moderne Hanoi mit seinen hohen Rohrhäusern und modernen Hochhäusern.
Neben uns auf der Straße wird wieder jede Menge Fracht auf abenteuerlichste Weise transportiert. Bat Trang ist tatsächlich einen Besuch wert – es ist eine Hochburg der Keramikkunst in Vietnam. Es gibt unzählige Manufakturen mit angeschlossenen Verkaufläden mit sehr geschmackvollen Werken.
Auch wir dürfen die Schritte der Porzellanherstellung nachvollziehen und selbst das eine oder andere ausprobieren. In der Manufaktur gibt es auch eine wunderschöne Antikabteilung mit herausragenden, aber auch sehr teuren Kunstwerken.
Zurück in Hanoi besuchen wir den Literaturtempel. Dieser ist praktisch Vietnam‘s erste Universität. Seit 800 Jahren werden hier konfuzianische Weisheiten gelehrt. Die Anlage ist weitläufig und sehr interessant.
Immer wieder taucht die Schildkröte als Symbol der Weisheit auf – auch als Grabstein für berühmte Gelehrte. Die Seitenhöfe sind mit wunderschönen Lotusblütenteichen bestückt.
In Vietnam lernen wir auch, was man alles aus Lotusblüten machen kann. Besonderen schmackhaft: Tee aus Lotusblüten und Lotusblütenchips – beides kaufen wir auch in der Altstadt von Hanoi ein und nehmen es mit nach Hause. Zum Mittagessen besuchen wir noch einmal eine typische Suppenküche – diesmal eine, die in der Regel wirklich nur von Einheimischen besucht wird – wir alle sind inzwischen Fans der vietamesischen Nudelsuppe Pho geworden und auch wenn die Tische und Bänke etwas klebrig sind, lassen wir es uns sehr gut schmecken.
Das Highlight des Tages ist unser Besuch in einem Wasserpuppentheater. Durch enge Gassen arbeiten wir uns vor bis zum Wohnhaus des Puppenspielers.
Es ist ein enges 3-stöckiges Haus. Im Erdgeschoß die Küche, die gleichzeitig als Garage für das Moped dient.
Im ersten Stock die Werkstatt und das Wohnzimmer in dem wir von unserem sehr freundlichen Gastgeber auf einen Tee eingeladen werden. Im 3. Stock dann das Wasserpuppentheater. Die Tradition des Wasserpuppenspielens kommt eigentlich vom Lande, wo in den Reisfeldern zur Belustigung der Dorfbewohner mit Holzpuppen die durch Stangen bewegt werden, kleine Theaterstücke aufgeführt werden. Die Puppenspieler stehen demnach auch die ganze Zeit im Wasser. Wir nehmen in dem kleinen Minitheater Platz, vor uns ein kleiner Wasserteich, dahinter ein geschlossener Vorhang.
Und schon geht es los – Boote, Drachen, Figuren und Motorräder flitzen durch den Teich, untermalt von halsbrecherischer Musik, ab und zu spuckt auch mal ein Drachen Wasser.
So werden verschiedene kleine und extrem lustige Stücke vorgeführt, die alle auch immer eine kleine Weisheit enthalten. Zum Schluß öffnet sich der Vorhang. Der Puppenspieler und sein Bruder kommen zum Vorschein.
Danach dürfen wir selbst ausprobieren, ob wir die Puppen im Wasser bewegen können. Wir gehen wieder einen Stock tiefer in die spannende Werkstatt, wo wir erfahren, wie in vielen intensiven Schritten die wasserdichten Figuren aus Holz entstehen.
Die Werkstatt enthält auch fertige, toll bemalte Figuren.
Begeistert kehren wir zurück in die Altstadt. Wir streifen noch ein wenig durch die tollen verwinkelten Gassen- immer wieder stöbern wir in einem kleinen Laden oder besichtigen ein Gemeinschaftshaus. So stoßen wir auch auf ‚Ca-tru“. In einem Gemeinschafthaus wird ein Konzert in dieser altertümlichen Musik ausgelobt. Wir entscheiden uns, für den Abend Karten zu kaufen. Ca-tru ist eine uralte poetische Gesangskunst, die vor über 1000 Jahren bei Hofe entstand. Während der kommunistischen Herrschaft wurde sie fast vergessen, so daß sie kaum noch jemand beherrschte. Erst 2009 wurde Ca-tru auf die UNESCO Liste zum Schutz immateriellen Kulturerbes gesetzt und erlebte damit eine Wiederbelebung. Ein Ensemble hat in der Regel mindestens eine Sängerin, die auch gleichzeitig mit Stäbchen rhythmisch auf ein Bambusstück schlägt und Musiker, die die Laute und eine Trommel spielen. Das Gemeinschaftshaus ist nur 300 Meter von unserem Hotel entfernt und gespannt machen wir uns auf den Weg. Wir sind von der Darbietung begeistert. Mit ganz wenigen Mitteln zaubert das Ensemble mit toller, feiner Musik eine fast meditative Stimmung. Wir könnten noch ewig zuhören.
Es ist Brauch, daß man am Anfang des Konzerts 3 Stöckchen bekommt. Nach jedem Musikstück wird eine Metallschale herumgereicht und wenn einem das Stück gefällt, kann man 1, 2 oder auch alle 3 Stöckchen in die Schale werfen. An der Intensität des Klangs der Schale hören die Interpreten, wie dem Publikum die Darbietung gefallen hat – je lauter, desto besser. Früher konnten diese Stöckchen dann von den Künstlern nach dem Konzert in Geld umgetauscht werden. Wir sind auf jeden Fall begeistert und müssen aufpassen, daß wir nicht alle Stöckchen schon am Anfang verbrauchen. Am Ende der Konzerts dürfen wir dann auch noch selbst die Instrumente ausprobieren. (Guan Yu Temple – 28 Hang Buom St.)
Nach einem kleinen Abendessen auf der Dachterasse und Blicke ins bunte Treiben der Altstadt lassen wir den Tag ausklingen. Morgen geht es zur letzten Etappe in die mythische Halongbucht.