Trekking Base Torre – Der lange Aufstieg zu den „3 Türmen des blauen Himmels“

2.1.2019

Heute ist es soweit – die Wanderung zu den „ 3 Türmen des blauen Himmels“, den Torres El Paine, steht an. Die 3 Türme (Torres) sind das Wahrzeichen und der Namensgeber des Torre El Paine Parks.  Es handelt sich um 3 hoch in den blauen Himmel aufragende Granitzinnen, die, um sie komplett zu sehen,  nur über eine extrem beschwerliche Wanderung zu erreichen sind.  Hier im Camp werden 40 Wanderungen und Exkursionen angeboten, 4 davon fallen unter die Kategorei „extrem schwer“ und die Base   Torre ist eine davon. Es handelt sich um eine Strecke von ca 23 km. Wir werden einen Höhenunterschied von 700 Metern nach oben und dann wieder nach unten überwinden. Das klingt erst einmal nach nicht so viel. Wenn man aber bedenkt, daß diese Höhe durch ständiges auf-und ab mehrfach durchlaufen wird und das alles auf extrem unebenen Gelände, dann ist das schon eine andere Hausnummer.

Wilde Bergwelten

Aufgeregt treffen wir uns um 7 Uhr morgen mit unseren Guides und den ca. 8 anderen Weggenossen. Als ich die sehe, frage ich mich, ob es die richtige Entscheidung war, allesamt junge Paare die sehr fit aussehen. Ist die Wanderung etwa nur etwas für Cracks? Es scheint nicht so üblich, daß eine ganze Familie mitwandert. Unser Führer Nacho von gestern ist wieder dabei und Chris, der uns zugeordnet wird.

Zunächst müssen wir mit dem Bus fast 2 Stunden tief in den Park fahren um an den Ausgangspunkt der Wanderung (Estancia Torre) zu gelangen. Nun geht es los. Nacho gibt ganz schön Gas und wir laufen recht schnell. Nach dem ersten Kilometer bleiben wir stehen und bekommen die Empfehlung, ein paar unserer Kleiderschichten abzulegen, denn ab jetzt geht es 3 km steil bergauf über extrem geröllige und steinige Strecken.

Von nun an wird es auch keinen geraden Meter mehr geben. Das Tempo ist recht hoch und es wird schon anstrengend. Nach einer guten Stunden sind wir auf dem Paß der Winde angelangt- hier wedelt der Wind und wir ziehen zumindest Windbreaker und Mütze wieder über. Das Panorama von hier ist atemberaubend.  Unter uns rauscht der wilde Ascensio Fluß.

Ascensio Fluß

Nun geht es wieder steil bergab zum Refugio Chileno. Hier übernachten auch die Wanderer, die das berühmte „W“ , eine bekannte Mehrtageswanderung im Torre El Paine,  durchlaufen. Der Weg zum Base Torre ist Teil dieser Strecke. Wenn wir immer wieder diese Wanderer mit ihren schweren Rucksäcken (Zelt, Schlafsack, Essen – alles muß mitgeschleppt werden) treffen, sind wir froh, daß wir diese Wege nur mit einem kleinen Tagesrucksack überwinden müssen.

Von der Estancia Torre gibt es übrigens auch die Möglichkeit mit dem Pferd bis zum Refugio Chileno zu gelangen. Danach geht es aber für alle zu Fuß weiter.

Pferdeparkplatz am Refugio Chileno

Nach einer kurzen Pause geht es nun durch den Wald mehrere Kilometer im sogannten „Patagonian Flat“ über geröllige Wege, marode Flußüberquerungen und tiefe Wurzeln. „Patagonian Flat“ bedeutet, daß es ständig steil bergauf und bergab geht aber ohne wirklich viele Höhenmeter gut zu machen.  Wir sind so eifrig dabei, daß wir kaum Fotos schießen.

An den wilden Gletcherflüssen können wir immer wieder unsere Trinkflaschen auffüllen

Nach guten 3 Stunden Trekking kommen wir zum letzten anspruchsvollen Teil der Wanderung: der Wald lichtet sich und wir befinden uns vor einer riesigen Moräne: ein weites Feld mit losem Geröll und großen Felsbrocken. Verlockend lugen am oberen Rand des Moränenfeldes die Spitzen der ersten 2 Zinnen hervor.

Erster Blick auf die Spitzen der Torres

Jetzt heißt es ca 50 Minuten Klettern über die Moräne, um etwa 350 Höhenmeter gut zu machen. Der Wind pfeift mit 60-80km/h – manchmal muß man aufpassen, daß man nicht umgeweht wird.

Wenn etwas Zeit bleibt, ergeben sich tolle Blicke auf das umliegende Bergpanorama.

Dazu kommt, daß der Trek, trotz seiner Schwierigkeit sehr belebt ist. Es sind viele Menschen unterwegs und es gibt auch gehörig Gegenverkehr von denen, die schon vom Gipfel zurückkehren – und das alles auf sehr schmalem Pfad – langsam aber kontinuierlich kämpfe ich mich vorwärts, immer im Bewußtsein, daß auch noch Kraft für den noch schwierigeren Abstieg bleiben muß. Die Kinder sind wie kleine Berggemsen schon längst einige Meter höher.

Nach einer letzten Anstrengung bin ich oben: das Amphitheater mit den 3 großen Granitzinnen, den „Torres“ tut sich vor mir auf, davor ganz malerisch sogar ein kleiner türkisblauen See.  Die Torres haben etwas Magisches. Sie leuchten in einer leicht rötlichen Farbe – wie muß das erst zum Sonnenaufgang aussehen. Wir haben Glück, es gibt wenig Wolken und wir können alle 3 Zinnen komplett sehen.

Das Amphitheater der Torres El Paine mit Gletschersee

Geschafft wollen wir uns auf den Steinen zu einem Picknick niederlassen.  Weit gefehlt: der Wind pfeift, wir können uns kaum auf den Beinen halten, Sand weht uns in die Augen. Wir suchen etwas Schutz hinter einem großen Stein, um etwas zu essen, aber auch das ist total ungemütlich.

Ich packe mich ganz fest in meinen Windbreaker und Sturmhaube, stelle mich für ein paar Minuten an den Rand des Sees und blicke auf die 3 Zinnen. Es ziehen ein paar Wolken auf und beginnen die Zinnen zu umhüllen. Das gibt dem Ort eine mystische Aura.

Mystische Stimmung mit aufkommendem Nebel

Der Anblick ist der Mühe wert – vor allem, weil es auch keine andere Möglickeit gibt, sonst hierher zu kommen. Ich bin glücklich, aber gleichzeitg graut mir auch vor dem Abstieg.

Geschafft!

Zum Glück haben uns unsere Guides mit Walking Poles ausgestattet. Diese Wanderstöcke sind beim Abstieg Gold wert und schonen die Kniegelenke.

In mühevoller Kleinarbeit geht es über die Steine der Moräne wieder bergab. Hier ist Konzentration und Trittsicherheit gefragt. Ja und dann geht es den ganzen Weg wieder zurück. Zwar braucht man hier weniger Kondition aber muß sich konstant konzentrieren. Jede Träumerei wird mit einem Stolperer belohnt. An einem malerischen Gletscherfluß füllen wir unsere Flaschen wieder auf. Der Rückweg gibt auch Gelegenheit, die Umgebung noch einmal besser nachzuvollziehen. Wir gehen durch faszinierende Bergwelten.

Trotz des Abstieges verlangt uns der „Patagonian Flat“ auch hier wieder die eine oder andere harte Steigung ab. Wir sind langsam müde und der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Wir wandern praktisch ohne Pause durch und erreichen nach ca. 4 Stunden geschafft aber unheimlich glücklich wieder unseren Ausgangspunkt – wie eine eingeschworene Gemeinschaft gratulieren wir uns gegenseitig. Die Guides bereiten noch einen netten Snack mit Obst, Käsewürfeln und Brownies für uns. Sehr willkommen nach dieser Tour.

Auf einem Baum sitzt ein Caracara (ein aasfressender Raubvogel, hier häufig anzutreffen) und hofft auf die Reste unseres Mahls.

Abschiedsblick vom Tal auf die Torres im Nebel

Zurück im Van schlafen wir fast alle ein. Wir erreichen das Camp gegen 8:30. Noch eine Dusche, Abendessen und dann müde ins Bett. „We made it“.

Die Wanderung ist hart aber lohnt sich auf jeden Fall und macht glücklich. Ich kann sie jeden mit normal guter Fitness empfehlen.