Laternen-Schneider-Reisfelder – 3 Tage in Hoi An

Heute wollen wir ganz früh nach Da Nang fliegen – doch am Flughafen wird unsere Geduld erst einmal auf die Probe gestellt, unser Flug ist verspätet und letztendlich geht es erst mittags los. Wir landen und fahren zunächst durch die Geschäftsstadt Da Nang, vorbei an der goldenen Drachenbrücke und einem großen Riesenrad in unser Hotelresort „Palm Garden Resort“ am Strand. Wir haben hier für die nächsten 3 Nächte eine wunderschöne Bleibe mit großzügigen eleganten Bungalows direkt am Meer.

Palm Garden Resort Hoi An

Das ist wirklich Urlaubsfeeling. Nach einem Begrüßungscocktail im Hotel wollen wir Hoi An einen kurzen Besuch abstatten. Hoi An, die berühmte ehemalige Hafenstadt, besitzt das besterhaltene historische Stadtbauensemble in Vietnam. Damit wurde Hoi An auch zum Unesco Weltkulturerbe und zur wohl meistbesuchten Stadt Vietnams.

Leider regnet es mal wieder aber die Stadt besticht trotz allem durch ihre wunderschönen alten Kaufmannshäuser, die engen Gassen und die tollen Farben, die von den überall aufgehängten bunten Seidenlaternen ausgehen.

Besonders wenn es dunkel wird überzieht sich das Städtchen mit einer wunderschönen Stimmung. So ganz gemütlich ist die Stadttour im strömenden Regen nicht. Deshalb beschließen wir, einen der örtlichen Schneider aufzusuchen. Die Stadt ist bekannt dafür und es ist möglich, sich hier innerhalb von 2-3 Tagen etwas Tolles maßschneidern zu lassen. Wir besuchen das Schneideratelier „bebe“.

Im Schneideratelier „bebe“

Nachdem wir uns erst einmal getrocknet haben, beginnen die ersten mit den Verkäufern in Kontakt zu kommen. Ich beschließe, mir definitv nichts nähen zu lassen. Aber einige aus unserer Gruppe sind dabei. Auch mein Mann möchte einen Anzug mit passendem Hemd haben. Und wie wäre es mit einem schönen Festkleid für unsere Tochter, welches sie dieses Jahr definitiv braucht. Wir werden von Beratern umschwirrt – zunächst geht es um den Schnitt: mit Hilfe von Modezeitschriften und im Gespräch (Englisch)  entstehen erste Zeichnungen.

Erste Entwürfe für das Festkleid

Wenn es eine Einigung zum Schnitt gibt, dann muß man die Stoffe aussuchen. Ganze Ballen von verschiensten Stoffqualitäten, Mustern und Farben werden angeschleppt und zum Schluß geht es an die Vermessung. Dann wird noch der Preis ausgehandelt. Alles in allem sind wir nach 2 Stunden fertig. Morgen abend sollen wir wieder vorbeikommen, zur ersten (und definitiv nicht letzten) Anprobe. Während die anderen diskutieren und aussuchen, schaue ich mir ganz hinten im Atelier die gläserne Nähstube an. Hier sitzen in langen Reihen ca. 30 Näher und Näherinnen in einem unheimlich heißen Raum und nähen. Das sieht auch hier, in dieser recht guten Schneiderei nach harter Akkordarbeit aus.

Es ist nun dunkel und Do lädt uns zu einem leckeren Abendessen in der Altstadt von Hoi An an.

Der Tisch ist voll mit verschiedensten Speisen, so daß wir von allem etwas probieren können. Als Weintrinker komme ich hier in Vietnam nicht so auf meine Kosten. Der Wein ist in der Regel nicht besonders gut und auch sehr teuer. Bessere Alternativen sind vietnamesisches Bier oder die schmackhaften Cocktails, die von den frischen lokalen Fruchtsäften profitieren.

Am nächsten Morgen ist wieder frühes Aufstehen angesagt. Wir machen einen Ausflug auf die berühmten Cham-Inseln. Wir erreichen die Inseln in einer ca 30-minütigen Fahrt mit dem Schnellboot.

Auf Cham leben etwa 3.000 Einwohner, die ihren Lebensunterhalt mit allen, was man im Meer finden kann, verdienen.

Wir wandern über die Insel und staunen, was hier alles zum Kauf angeboten wird – vom kleinen feinen filetierten Fisch, der über Holzkohle brät, bis zu riesigen Tintenfischen und Seeigeln ist alles dabei.

Viele Vietnamesen kommen vom Festland, um hier frisch einzukaufen. Deshalb gibt es mehrere große Märkte, wo in Blechschüsseln alle möglichen noch lebenden Kreaturen angeboten werden. Wir schauen und staunen. An einer Ecke probieren wir schmackhafte süße Reispaste, die in Bananenblätter gewickelt ist.

Nun geht es mit einem kleinen Fischerboot hinaus aufs Meer und wir haben die Möglichkeiten zu schnorcheln. Nachdem wir einige Minuten gemütlich durchs Wasser gleiten und bunte Fische beobachten, kommt plötzlich eine riesige Horde Touristen, die laut durch das Wasser paddeln und damit alle Fische verscheuchen. Zurück am Strand genießen wir ein leckeres Fisch-Mittagessen – frischer geht es nicht –  und machen es uns unter Palmen gemütlich.

Es fühlt sich an, wie in der Karibik.

Wir trinken Kokosmilch aus frisch über uns abgeschlagenen Früchten und genießen  für eine Weile die Stille, bis der Strand wieder von einer riesigen Gruppe chinesischer Touristen eingenommen wird, die sofort ein Karaoke-Festival mit goldenen Mikrofonen veranstalten. Zurück in Hoi-An im Resort gönnen wir uns eine 3 Generationen-Massage: Mutter-Tochter-Enkelin. Am Abend fahren wir noch einmal gemeinsam in die Stadt zum Restaurant „Ms. Vy‘s Kitchen Deli“. Hier sitzen wir direkt am Fluß und es gibt wunderschöne einheimische Küche.

Am Fluß ist abends allerhand los und die Kinder entdecken die Flußgegend. Verschiedene Händler bieten ihre Ware feil und die bunten Seidenlaternen tauchen die Szenerie in einzigartiges Licht.

Man kann kleine Papierboote mit Kerzen erwerben und diese auf dem Fluß schwimmen lassen. Wir schlendern am Fluß entlang und besichtigen die berühmte Japanische Brücke , die auch als Wahrzeichen der Stadt gilt. Mit dem Taxi geht es dann zurück in unser Resort.

Japanische Brücke in Hoi An

Heute ist ein freier Tag ohne festes Program – wir genießen das Resort und baden im wunderschönen Meer. Für den Nachmittag bietet uns Do eine Fahrradtour durch die Reisfelder an. Während meine Mutter und unser Sohn im Hotel bleiben, sind wir dabei.  Zunächst geht es auf Feldwegen durch langgestreckte Reisfelder.

Wir sind fasziniert vom tiefen Grün, dem weiten Horizont und dem fast meditativen Rauschen der Reispflanzen im Wind. Ab und zu steht ein Wasserbüffel am Weg.

Obwohl es kaum Steigungen gibt, verlangt uns die Radfahrt aufgrund der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit doch Einiges ab. Wir kommen zum riesigen Gemüsegarten einer Kooperative. In langen Reihen werden hier die ganzen köstlichen Kräuter angebaut, die wir schon Stück für Stück kennnenlernen durften.

Besonders für Hoi An bekannt ist das Kraut „Morning Glory“, welches in fast allen Salaten, Suppen, Sommerollen usw. enthalten ist.

Do demonstriert uns das Prinzip der Bewässerung mit der Doppelgießkanne und wir besichtigen ein kleines Museum über das Leben auf dem Land.

Dankbar trinken wir in einem kleinen Café am Rand des Weges ein kühles Wasser.  Nun wird es spannend – wir begeben uns vom freien Feld in den chaotischen Stadtverkehr von Hoi An. Schon das Einbiegen vom Feldweg auf die Haupstraße scheint kritisch. Der Verkehr fließt und es tut sich keine Lücke auf. Wie sollen wir hier jemals rauskommen? Wir beherzigen Do’s Rat „Immer in Bewegung bleiben aber ganz langsam fahren“. Wir geben uns einen Ruck, fahren los und biegen ganz langsam auf die Hauptstraße ab. Es funktioniert tatsächlich: es entsteht Platz und wir können uns in den Verkehr einfädeln. So radeln wir durch die Straßen von Hoi An. Die Gefühle wechseln sich ab zwischen entspanntem Radeln und Furcht, wie man durch den nächsten Verkehrschaospunkt kommt. Mit der Zeit überwiegt jedoch die Entspannung. Wir bekommen Routine.

Einmal in Hoi An, halten wir beim Schneider bebe, um zu schauen, wie unsere Aufträge gediehen sind. Es folgt stundenlange Anprobe, weil hier und dort immer etwas noch nicht sitzt – aber die Sachen sehen schon ganz gut aus. Trotzdem wundern wir uns, ob wirklich alles pünktlich bis morgen Abend fertig werden kann.  Ich genieße die klimatisierten Räume des Schneiders, weil draußen die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit kaum auszuhalten sind. Das Wasser läuft nur so an uns herunter.  Dann schlendern wir noch durch die Gassen der Stadt. Es gibt hier jede Menge Läden in denen mal toll einkaufen kann. Jemand aus unserer Gruppe hat einen Restauranttipp für den Abend und wir treffen uns im „Hoa Tuc“,  welches wieder kulinarisch ein Erlebnis ist.

Hühnersalat mit Pomelo

Ich suche mir aus der Karte den alkoholfreien Cocktail „Cool down on a hot day“ aus. Ich bekommen ein merkwürdig aussehendes Getränk mit der Farbe von Cola und mit eigenartigen gelee-artigen Samen.

Cool down on a hot day

Ich probiere es trotzdem und kann es kaum glauben – innerhalb von 10 Minuten fühle ich mich frisch und kühl, während alle um mich herum schwitzen. Was immer es war, es hat geholfen. Zurück im Resort lassen wir den Abend mit einer Flasche Weißwein am einsamen Strand ausklingen.

Unser letzter Tag in Hoi-An steht ganz im Zeichen des Handwerks. Früh am Morgen wandern wir in ein kleines Dorf zu einer  Laternenwerkstatt.

Auf dem Weg ins Dorf zur Laternenwerkstatt

In diesem Familienbetrieb werden wunderschöne Seidenlaternen hergestellt und jeder Schritt vom Holzkörper bis zum Seidenbezug entsteht in kompletter Handarbeit.

In der Laternenwerkstattt

Wir können selbst eine kleine Seidenlaterne basteln und diese als Souvenir mit nach Hause nehmen.

Unsere eigenen „Kunstwerke“

Danach wartet das Highlight des Tages auf uns. Wir besteigen das Cinnamonboot, fahren auf den Fluß und beginnen unseren vietnamesischen Kochkurs.

Gemeinsam bereiten wir ein komplettes Menü zu. Es gibt die wunderschönen Sommerrollen, dann Banh Xeo  – eine Art gefüllter und gerollte Pfannkuchen in Reispapier (beide Gerichte werden wir tatsächlich zurück in Deutschland mehrfach nachkochen, da es im Asialaden alle Zutaten dazu gibt).

In Wasser aufgeweicht wird das Reispapier formbar
So entstehen wunderschöne Sommerrollen

Wir schnippeln, rollen und schmeißen Pfannkuchen aus der Pfanne zum Wenden in die Luft – was tatsächlich gelingt.

Die Hauptspeise ist ein köstlicher Fisch- und Meeresfrüchte- Topf mit vielen Kräutern.

Wir sind eigentlich schon satt, aber es ist zu köstlich. Zum Abschluß lernen wir, wie man aus Gemüse tolle Dekorationen schnitzt: ein Herz aus Gurken, Blüten aus Möhren und Rosen und Schwäne aus Tomaten – letzteres allerdings erfordert wirklich viel Geschick.

Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf den Fluß

Entspannt und satt verabschieden wir uns von der freundlichen Crew und steigen in Hoi An wieder an Land.

Zurück in Hoi An

Unser Reiseführer Do holt nun noch die Stadtführung mit uns nach, die am ersten Tag wegen des verspäteten Fluges ausgefallen war. Wir besichtigen die tollen Kaufmannshäuser mit ihrer strikt nach Feng-Shui ausgerichteten Bauweise, z.B. die hohen Schwellen, über die man ins Haus steigen muß.  Besonders interessant ist das Tan-Ky-Haus. Dieses große, altehrwürdige Kaufmannshaus steht direkt zwischen Hauptstraße und Fluß. Es hat einen riesigen Innenhof, von dem dann die verschiedenen Wohnräume abgehen.

Wir besuchen die Versammlungshalle Hoi Quan Phuc Kien, eine der größten chinesischen Versammlungstempel der Stadt.

Wir sitzen an einem riesigen Steintisch und Do erklärt uns die verschiedenen Statuen und Versammlungsriten. Nun machen wir noch einen kurzen Abstecher in das Projekt „Reaching Out“ direkt am Fluß: hier wird von Behinderten hergestelltes sehr hochwertiges Kunsthandwerk verkauft. Es gibt tolle Dinge für einen guten Zweck, wie z.B. wunderschönen Silberschmuck und besonders gestaltete Karten. http://www.reachingoutvietnam.com

Nun müssen wir noch mal zum Schneider bebe zur letzten Anprobe. Es ist spät, aber die Schneider scheinen rund um die Uhr aufzuhaben. Die Sachen sind fertig und wir können sie nun mitnehmen. Bei Bedarf kann man die Kleidung auch nach Deutschland schicken lassen. Die maßgeschneiderten Sachen sind toll geworden und werden auch regelmäßig angezogen. Meine Tochter genießt z.B. sehr ihr wunderschönen Kleid, welches definitiv kein anderer hat und das alles zu einem erschwinglichen Preis. Trotzdem muß man recht viel Zeit beim Schneider verbringen, um durch iterative Anproben wirklich in 3 Tagen zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Die Gegend um Hoi An ist eine Reise wert – es ist Vietnam pur  – und man könnte hier definitiv noch mehr Zeit verbringen. Für uns heißt es schon wieder Koffer packen. Morgen geht es in die alte Kaiserstadt Hue.