Auf den Spuren des Vietnamkrieges und auf Tuchfühlung mit dem Taifun – Erlebnisse in Zentralvietnam

Am frühen Morgen verlassen wir Hue mit dem Bus und fahren nach Norden in die Provinz Quang Tri. Unterwegs bringt uns Do geschichtliche Hintergründe des Vietnamkrieges nahe.  Wir lernen hier viel dazu.

Unser erstes Ziel ist das Projekt „Peace Trees Vietnam“ in der Provinz Quang Tri. Diese Provinz gehörte zu einem der am stärksten bombardierten Gebiete unweit der entmilitarisierten Zone (DMZ) und auch heute sollen sich noch ca. 800.000 (!) Blindgänger in der Erde befinden. 40% aller Bomben im Vietnamkrieg gingen alleine in dieser Provinz nieder und auch heute noch sind 85% des Geländes von Minen verseucht. Das Ziel dieser gemeinnützigen Organisation ist vor allem das Befreien der Erde von gefährlichen Bombenblindgängern, um damit das Land sicherer Nutzung zurückzuführen. Damit soll auch eine bessere Zukunft für vietnamesische Kinder und deren Familien geschaffen werden – man muß sich vor Augen halten, daß draußen spielen für die Kinder in diesen Gebieten lebensgefährlich ist. Die Organisation wurde 1995 von 2 U.S. Amerikanern gegründet, deren Bruder, ein Hubschrauberpilot, im Vietnamkrieg gefallen war. Mehr Informationen unter  http://www.peacetreesvietnam.org

Wir besuchen die Organisation und erfahren zunächst mehr über die Arbeit des Team. Es ist unvorstellbar, was hier von über 40 Jahren geschehen ist und welche lebensgefährliche Altlast hier immer noch im Boden schlummert. Wir sehen auch eine Auswahl der unterschiedlichsten Minen und Bomben, die hier aus dem Boden geholt wurden.

Zum Abschluß pflanzen alle Kinder aus der Gruppe einen eigenen Baum auf bereits von Minen gesäubertem Gebiet.

Wir fahren weiter und kommen zum 17. Breitengrad. Hier waren bis 1975 auf Veranlassung der Genfer Konvention, Nord-und Südvietnam auf einer Breite von 10km entmilitarisierter Zone voneinander getrennt.   Nördlich und südlich dieser Zone fanden demnach auch die heftigsten Bombardements statt, was die Situation in der Provinz Quang Tri erklärt. Eine Brücke, die über den ehemaligen Grenzfluß führt, ist in 2 Farben gestrichen, um die Grenze zu zeigen.

Wir erleben einen weiteren Teil der Geschichte des Vietnamkrieges hautnah bei den Tunneln von Vinh Moc.  Um den vorher schon beschriebenen Ho-Chi-Minh-Pfad zu unterbrechen, wurden von den Amerikaners viele Dörfer entlang der Flüsse dem Erdboden gleichgemacht. Damit wurde die Nachschublinie jedoch nicht unterbrochen. Am Beispiel von Vinh Moc kann man sehen, wie ganze Dörfer, von den Amerikaners unbemerkt, ihr Leben unter die Erde verlegt haben. In Vinh Moc gruben die Dorfbewohner ein 40 km langes Tunnelsystem 15-23 Meter tief unter der Erde und verlegten dorthin ihr tägliches Leben. Sie kamen nur nachts an die Oberfläche und ermöglichten damit die Unterstützung für den Nachschub auf dem Ho-Chi-Minh Pfad am Fluß. Mehrere Jahre lebte so ein ganzes Dorf unter der Erde. Es gab Schulen, Schutzbunker, Versammlungsräume und Krankenstationen. Jede Familie hatte einen Raum von 2 Quadratmetern.

300 Meter dieses Tunnelsystems sind heute begehbar. Auch wir steigen in den engen Tunnel.

Eingang zum Museumstunnel

Es ist unglaublich, das hier Menschen für 4 Jahre komplett gelebt haben. Sogar 17 Kinder wurden in dieser Zeit geboren. Der Tunnel endet in einem Ausgang am Meer. Wenn man von der Meerseite schaut, ist der Eingang unter Pflanzen kaum zu erkennen.

Aus dem Tunnelsystem geht es raus zum Meer
Versteckter Tunnelausgang

Beeindruckt und nachdenklich fahren wir weiter nach Dong Hoi. Hier ist Vietnam am schmalsten. Nur 50km sind es zwischen dem Meer und Laos. Wir erreichen unser Hotel, das Sun & Spa Resort & Villa. Es ist eines der ersten Adressen der Stadt aber trotz allem Luxus etwas in die Jahre gekommen und auch die Servicequalität ist geringer als in deren vorhergehenden Hotel. Wir lassen uns davon nicht stören. Wir machen einen Abstecher zum Meer und beenden den Tag mit einem köstlichen Abendessen im Hotel.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg in den Phong Nha Nationalpark. 2 Höhlenbesichtigungen stehen auf dem Programm. Vom Himmel jedoch stürzen sich schon stundenlang Wassermassen – der Saigoner Regen war nichts dagegen.

Deshalb wird heute auch eine der Höhlen nicht besuchbar sein, da sie zu hoch mit Wasser gefüllt ist. Wir genießen trotz des Regens eine beeindruckende Fahrt durch die Berglandschaft des Nationalparks.

Immer wieder fahren wir an Pfefferplantagen vorbei, die Pfefferpflanzen winden sich fast wie Efeu um Bäume oder eigens bereitgestellte Pfähle. Wir halten an der Paradise Cave und steigen bei strömendem Regen hinauf zur Höhle. Heute hilft auch kein Regencape mehr – am besten sind Sandalen oder Badeschuhe ohne Strümpfe.

Die Höhle ist von beindruckenden Ausmaßen, wir steigen tief hinunter und bewundern die Formationen.

Abstieg in die Paradise Cave

Etwa 1 km lang können wir in die Höhle hinein wandern. Nach all der Sintflut werden wir mit einem tollen Mittagessen belohnt: auf ca 1 Meter großen flachen Körben wird ein leckeres Mahl bestehend aus Fleisch, Gemüse, diversen Reissorten und Bananen auf unseren Tisch gestellt.

Auf der Rückfahrt zum Hotel sehen wir die für die Gegend typischen Friedhöfe mit großen Keramikgräbern.

Do erzählt uns noch etwas zum Gesundheitssystem Vietnams. In der Regel muß jeder selbst für eine Großteil der Gesundheitskosten aufkommen. Deshalb versuchen alle Vietnamesen möglichst gesund zu leben und auch viel Sport zu treiben. Auch Do sagt, daß er zu Hause jeden Morgen läuft und im Meer schwimmt, um sich fit zu halten.

Zurück im Hotel hat sich die Wetterlage nicht gebessert. Es kündigt sich ein Taifun an. Die Bäume liegen schon schief vom Sturm.

Wir können nicht widerstehen und gehen kurz in die Nähe des Strandes (ganz ran trauen wir uns nicht) und sehen hier schon die Urgewalten und Wellen toben.

Schnell zurück im Hotel sehen wir schon, wie das Hotelpersonal das Gebäude sturmfest macht. Alles Eingänge Richtung Meer werden verbarrikadiert.

So im Hotel „gefangen“, bleiben wir hier,  um Abendbrot zu essen. Wir probieren heute einen Seafood-Hot-Pot. Eigentlich hatten wir ein fertiges Gericht erwartet. Anstelle dessen kommt eine Gasplatte auf unseren Tisch mit einem Topf voll heißer Fischbrühe. Dazu ganze Platten mit herrlich frischem Seafood, Berge von Kräutern und Nudeln. Nun sollen wir uns den Hotpot selbst kochen.

Nach anfänglichen Problemen klappt das ganz gut, wir haben unseren Spaß und das Essen schmeckt köstlich. Nur das Wasser rinnt in Strömen von uns, denn der heiße Topf mit Flamme direkt vor uns läßt die 90% Luftfeuchtigkeit und 40 Grad gleich doppelt schwül erscheinen.

Nun heißt es bangen, wie stark der Taifun werden wird und ob wir morgen früh überhaupt nach Hanoi fliegen können.

 

Kaiserpalast-Drachen-Mönche – 2 Tage in Hue

Heute fahren wir mit dem Bus über den Wolkenpass nach Hue. Der Wolkenpass (Hai Van) macht seinem Namen in der Regel alle Ehre und ist auf den Höhen in Wolken gehüllt. Wir haben Wetterglück und können von oben wunderschöne Aussichten zurück in die Bucht von Da Nang und in die Lagune von Lang Co genießen, in der wir später noch Halt machen werden.

Blick vom Wokenpass auf die Lagune Lang Co

Do gibt uns schon einen Vorgeschmack auf die geschichtlichen Begegnungen zum Vietnamkrieg, die wir in den nächsten Tagen noch haben werden und berichtet vom Ho-Chi-Minh Pfad, der logistischen Versorgungsroute der vietnamesischen Volksarmee im Indochinakrieg und während des Vietnamkrieges. Über dieses Netzwerk an Straßen aber auch teilweise versteckten Bergpfaden wurden Unmengen von Transporten von Nord-nach Südvietnam abgewickelt.  Die Amerikaner versuchten, die Route regelmäßig durch Bombardements zu unterbrechen aber die Lücken wurden sofort wieder geschlossen und die Transporte liefen weiter. Do erzählt, daß die Route oft durch bewaldete Bergpässe führte – um nicht sichtbar zu sein, fuhren die Transporte nachts. Als einziges Licht dienten kilometerlange Reihen von Einheimischen die kleine Glühwürmchen in ihren Händen hielten, um den Weg zu markieren. Wir halten an der Lagune Lang Co, die durch ihre feinen Sandstrände und die lokale Austernzucht und Perlmuttkunst bekannt ist. Gefischt wird in traditionellen runden Booten.

Gegen Mittag treffen wir in der alten Kaiserstadt Hue ein. Hue war Vietnam‘s letzte Königsstadt. Die derzeitigen Bauten stammen aus der Nguyen Dynastie aus dem 16./17. Jahrhundert.

Blick auf die Zitadelle

Die Königsresidenz wurde nach chinesischem Vorbild erbaut, sozusagen ein Mini-Beijing. So finden wir klassisch die Äußere Stadt (Zitadelle), darin die ummauerte Königsstadt und darin wiederum die purpurne Verbotene Stadt.

Eingang Königspalast

Die Anlage ist unheimlich weitläufig und die feuchte Hitze macht sich bemerkbar. Gut, daß wir unseren Regenschirm als Sonnenschirm umfunktionieren können.  Der Palast ist beeindruckend.

Untermalt von den spannenden Erzählungen Do‘s besichtigen wir den ganzen Komplex. Zwischendurch suchen wir immer mal wieder Schatten in den wenigen Innengebäuden.

Der letzte König Tu Duc konnten leider keine Kinder haben und damit endete dann die Unabhängigkeit Vitetnams im 19. Jahrhundert und die Kolonialisierung durch die Franzosen begann. Neben den tollen Gebäuden gibt es auch wunderschöne Gartenanlagen mit weitläufigen Sonnenblumenbeeten und blühenden Lotusteichen.

Heute bekommen wir auch eine kleine Sprachstunde über die sehr schwer erlernbare vietnamesische Sprache. Obwohl die Schrift von uns lesbar ist, hat die Sprache durch ihre vielen Tonhöhen große Tücken für Ausländer. An der Silbe „Ma“ demonstriert uns Do, daß durch verschiedene Tonhöhen (die durch die Sonderzeichen über den Buchstaben gekennzeichnet werden), 5 verschiedene Wörter mit komplett unterschiedlichen Bedeutungen möglich sind.

Nun geht es auf eine Fahrradrikschafahrt durch die Stadt und wir können unsere müden Beine ausruhen. Hue ist sehr schön und architektonisch mit der umgebenen Flußlandschaft des Parfümflusses verwoben.

Am späten Nachmittag checken wir dann in unser wunderschönes Hotel Pilgrimage Village ein. For Family Reisen hat wirklich eine gute Hand für besondere Hotels, die auch Kindern Spaß machen. Das Pilgrimage Village ist ein ökologisches Resort unter japanischer Leitung und fügt sich direkt in die Landschaft ein. Es gibt einen riesigen in die Natur eingebetteten Pool mit Poolbar und Außenanlagen.

Resort Pilgrimage Village, Hue

Am Abend gibt es noch ein weiteres Highlight – wir sind zu Gast im Haus und Park der bekannten vietnamesischen Künsterin Boi Tran, die nach dem tragischen Tod ihres Sohnes ihr Haus für Kunststudenten und Besucher geöffnet hat. Neben ihrer Galerie mit eigenen und erworbenen Werken kann man hier speisen und den wunderschönen Garten besuchen. Regelmäßig finden auch Workshops statt. Wir besichtigen zunächst die interessante Galerie und lassen uns dann im riesigen Hauptraum, der fast wie ein Schloßsaal wirkt, für eine köstliches Abendessen nieder.

Gemälde von Boi Tran
Im Speisesall bei Boi Tran

Kurz erscheint auch die Künstlerin für ein kleines Gespräch. Mehr Informationen unter  http://www.boitran.com

Am nächsten Morgen besteigen wir ein buntes Drachenboot (ähnlich einem Katamaran aber mit tollen Drachendekorationen) und fahren auf dem Parfümfluß Richtung Thien Mu Pagode.

Auf dem Parfümfluß

Die Pagode wird noch immer von Mönchen betrieben. Wir gehen hier an Land und steigen die Stufen zum Pagodenkomplex empor.

Es blühen gerade die Frangipani-Bäume und wir können diese Blüten, die oft in Parfüms eingesetzt werden, zum ersten Mal in der Natur erleben.

Frangipani-Blüte

Wir können das Leben der Mönche hautnah beobachten, ihre Gebete und auch das beeindruckende rituelle Mittagessen mit Gebeten und Gesängen.

Interessiert schauen wir uns den langen Tagesablauf der Mönche an – auch 2 Unterrichtseinheiten Kung-Fu sind täglich dabei.

Tagesablauf der Mönche

Das Kloster beheimatet eine kleine Ausstellung über den buddhistischen Mönch Bo Tat Thich Quang Duc der sich während der Buddhistenkrise in den 60er Jahren,  in der die Buddhisten von der südvietnamesichen Regierung verfolgt wurden –  in Saigon öffentlich selbst verbrannte – dieses Bild ging 1963 um die Welt und sorgte für internationalen Druck auf die südvietnamesische Regierung.

Im Kloster gibt es auch einige kleinere Jungen. Diese werden oft als Waisen oder Kinder sehr armer Familien aufgenommen. Bis zu ihrem 14. Lebensjahr können die Jungen entscheiden, ob sie dauerhaft im Kloster bleiben wollen. Den Unterschied erkennt man am Haarschnitt:  ist der Kopf schon komplett glattrasiert, dann ist die Entscheidung für das Kloster gefallen, sind am Kopf noch einige Haarbüschel vorhanden, gibt es noch keine Entscheidung.

Beindruckt besteigen wir wieder unser Drachenboot und fahren noch ein Stück weiter. An einer Pomelo-Farm steigen wir wieder aus. Wir laufen durch lange Pomelo-Haine – momentan sind die Früchte jedoch noch nicht reif – man findet Pomelos hier oft in Salaten und auch als Saft.

Pomelo-Bäume

Wieder haben wir die Möglichkeit zu einer wunderschönen Radtour. Entspannt fahren wir durch kleine Dörfer und Reisfelder – es macht Spaß.

Schließlich kommen wir zu einer Seidenmalerei und können hier dem Künstler über die Schulter schauen. Interessant ist, daß der Künstler in der Regel zwei Bilder identisch auf einmal malt und danach die Leinwand entsprechend trennt – so hat er dann in schnellerer Zeit 2 Bilder.

Unsere Kinder sind von den farbenfrohen Gemälden so beeindruckt, daß wir jedem ein kleines Bild kaufen. Nun geht es zurück zu einem köstlichen Mittagessen auf der Pomelofarm. Ich trinke zum Abschluß noch einen schmackhaften Tee aus frischem Lemongrass und Ingwer,

Zurück geht es nach Hue – zum nächsten Highlight: wir dürfen bei einem Drachenbau-Altmeister einen echten traditionellen Drachen basteln: zur Auswahl stehen verschiedene Vögel oder ein Schmetterling.

Im Wohnzimmer des Drachenmeisters mühen wir uns, die feine Konstruktion nachzubauen.

Mit Hilfe des Meisters schaffen wir es und jedes Kind darf dann seinen Drachen mit nach Hause nehmen. Wir fragen uns, wie wir die ca 1-2 Meter großen Kunstwerke transportieren sollen – der Meister zeigt uns eine Falttechnik und in wenigen Minuten ist der Drachen auf ein ganz kleines Maß zusammengeschrumpft.

Mit Hilfe eines Videos werden wir den Drachen dann zu Hause wieder aufbauen und auch tatsächlich mehrere Male erfolgreich fliegen lassen. Die Drachenbaukunst hat eine lange Tradition in Asien. Die Kunst des Drachenbauens wurde in den Familien weitervererbt. Der Urgroßvater unseres Meisters war z.B. Drachenbauer beim König von Hue. Drachensteigen in den Reisfeldern war ein beliebter Zeitvertreib bei Hofe. Auf Wunsch der Gruppe besuchen wir noch einen schönen Markt in Hue und bestaunen die frischen Obst-und Gemüsesorten.

Do zeigt uns die Mangostane – die wir aus Deutschland nicht kennen – eine sehr schmackhafte Frucht.

Mangostane, gegessen wird das weiße Fruchtfleisch

Wir kaufen noch ein paar Räucherstäbchen, die wir als Souvenir mit nach Hause nehmen. Sie sind im Sommer auf der Terasse gut, um Mücken zu vertreiben.

Zurück in unserem wunderschönen Hotel entspannen wir am Pool und beenden den Abend mit einem guten Essen im Hotelrestaurant.

Am nächsten Morgen stehe ich etwas früher auf und nehme an einer Tai-Chi Stunde am Pool teil. Danach geht es erfrischt auf zu unserer nächsten Etappe nach Zentralvietnam.