Noch müde von unserer Nachtzugfahrt aber gestärkt durch das leckere Biofrühstück im Hotel La Republique schmieden wir Pläne für Sibiu. Wir werden hier etwa 6 Stunden Zeit haben, bevor uns wir unsere zweite Woche im Dörfchen Alma Vii in den transsilvanischen Hügeln verbringen werden.
Im Hotel liegen einige Flyer aus und wir sehen, daß es um 10 Uhr eine Stadtführung durch Sibiu gibt. Diese findet täglich in englischer und deutscher Sprache statt – Treffpunkt ist das runde Rathaus direkt auf dem Piata Mare. Vom Hotel aus sind wir in nur 10 Minuten bis zur Stadtmitte gelaufen, vorbei an den alten Wehranlagen und durch die Fußgängerzone.
Unser Führer Daniel zeigt uns in ca. 90 Minuten seine Stadt. Mit uns von der Partie noch drei weitere Familien: aus Deutschland, Neuseeland und der Türkei. Daniel wechselt zwischen Englisch und Deutsch hin-und her.
Daniel erzählt uns, daß Sibiu in Rumänien als eine Musterstadt gilt mit der wahrscheinlich höchsten Lebensqualität. Deshalb kommen auch viele Rumänen aus dem ganzen Land in die Stadt, um zu sehen, was hier richtig gemacht wird – am Ende dieses Tages können wir sagen: definitiv vieles, vor allem aber die einzigartige Verbindung von Kunst und Kultur, die kostenlos angeboten, dennoch viel Geld über Tourismus in die Kassen spült. Sibiu wurde 2007 auch zur Kulturhauptstadt Europa ernannt, was wiederum Mittel zur Sanierung vieler Gebäude einbrachte. Der ehemalige Bürgermeister von Sibiu, Klaus Johannis, der maßgeblich für diesen Aufschwung verantwortlich war, wurde nicht umsonst nun zum rumänischen Staatspräsidenten gewählt und bringt auch hier viele Dinge für das Land voran.
Wir beginnen an der Piata Huet bei der evangelischen Stadtpfarrkirche.
Um diese Kirche ranken sich viele Legenden. Der Kirchturm befindet sich interessanterweise in der Mitte Kirche. Der Grund: während des Baus wurde festgestellt, daß woanders eine größere Kirche gebaut wurde und so wurde die Kirche kurzerhand auf der anderen Seite des Turms verlängert. Vor der Kirche das Denkmal von Teutsch, der den Bischofssitz von Biertan nach Sibiu verlegte und sich so um die Stadt verdient gemacht hat.
Direkt neben der Kirche ist eine große Bühne aufgebaut für die gerade stattfindenden Sibiu Guitar Days.
Solche Festivals gibt es den ganzen Sommer über und sie verleihen der Stadt einen besonderes kulturelles Flair.
Wir laufen weiter zum Sagturm – von hier geht eine Treppe in die Unterstadt, sicher auch sehenswert, aber bei unserem Kurzbesuch sind wir mit der Oberstadt beschäftigt, die ohnehin die wichtigsten Sehenswürdigkeiten auf engstem Raum vereint.
Direkt neben dem Sagturm das Gesellenhaus als Unterkunft für Wandergesellen.
Diese Tradition ist in Rumänien noch sehr lebendig. Direkt davor ein großer Holzpfeiler in den die Gesellen ihre eigens angefertigten Eisennägel schlagen können – eine Tradition, die immer noch lebt.
Weiter Richtung Piata Mici sehen wir wunderschöne Häuser, jedes davon mit seinem eigenen besonderen Detail.
Über die sogenannte Lügenbrücke geht es dann zur Piata Mici.
Hier besonders zu erwähnen: das Haus der Künste und die Casa Luxemburg. Dieses Haus wurde dem Herzog von Luxemburg zum Geschenk gemacht, der es dann aufwendig sanierte. Die besondere Beziehung zwischen Luxemburg und Transsilvanien (Siebenbürgen) stammt natürlich noch von den Siebenbürgen Sachsen her, die damals aus der Luxemburger Gegend nach Siebenbürgen kamen und sich hier ansiedelten. Auf der Piata Mici werden wir auch Zeuge einiger Hochzeiten.
Dann laufen wir durch den Ratsturm zurück auf die Piata Mare und bewundern noch einmal das wunderschöne architektonische Ensemble aus katholischer Stadtpfarrkirche, Rathaus und Palais Brukenthal.
Wir laufen über den Schillerplatz (der Dichter ist hier anscheinend sehr bekannt und wird von vielen verehrt) bis zur Philharmonie direkt an der Stadtbefestigung.
Hier endet unsere wunderschöne, lehrreiche und unterhaltsame Stadttour. Daniel gibt uns noch ein paar Tipps für den Nachmittag mit auf den Weg.
Entlang der alten Stadtmauer mit ihren 4 erhaltenen Türmen wollen wir zunächst zur orthodoxen Kathedrale. Sie soll eine Nachbildung der Hagia Sophia in Istanbul nur kleiner, im Maßstab 1:4, sein. Nach einigen Suchen (die Kathedrale ist wirklich gut versteckt) tut sich das imposante Bauwerk vor uns auf. Von Innen ist es noch viel beeindruckender.
Nun hatten unsere Kinder genug Kultur. Wir teilen uns auf. Die Kinder lassen sich auf der Piata Mare bei Starbucks nieder, mein Mann und ich wollen uns noch etwas anschauen. Wir beginnen mit der Besichtigung der katholischen Stadtpfarrkirche, die uns an bayrische Kirchen erinnert.
Danach wollen wir den Turm der evangelischen Stadtkirche besteigen. Nach einigem Suchen finden wir den Eingang, es ist alles durch das Gitarrenfestival abgesperrt.
Der Aufstieg ist teilweise recht steil, aber es lohnt sich unbedingt. Die Ausblicke in alle Richtungen sind atemberaubend. Wir sehen die 3 großen Plätze, die Stadtmauer, die orthodoxe Kathedrale und blicken auf die malerischen Dächer der Unterstadt.
Bis hoch zu uns klingen die kleinen spontanen Konzerte des Guitar Festivals. Auch wir hören eine Weile zu, eine sehr junge Band spielt mit toller Stimme und gewaltiger Power, sie müssen viele Zugaben geben.
Danach besuchen wir den Innenhof der Casa Altemberger (Historisches Museum). Für 1 Lei (25 Cent) kann man hier durch den sehenswerten Hof schlendern.
Das Gleiche wiederholen wir dann noch einmal im Palais Brukenthal.
Wir legen eine kurze Lunchpause im veganen Bistro Naturo Juice auf der Fußgängerzone ein (leckere Salate, Suppen und eine große Auswahl frischer Smoothies).
Dann beschließen wir, doch noch einmal schnell in die Unterstadt zum Markt Piata Cibin zu laufen. Durch das Sagtor geht es einige Stufen hinunter und in wenigen Minuten sind wir am Markt.
Die riesigen Stände mit großen Bergen von leckerem Obst und Gemüse sind sehenswert. Besonders angetan haben es uns die riesigen saftigen Tomaten, die vielen Paprikasorten und die prallen Kirschen und Aprikosen, von denen wir uns einige mitnehmen. Spannend auch die Fleisch- und Käsehalle mit den riesigen Laibern Schafskäse.
Wir könnten noch Stunden in dieser wunderschönen Stadt wandeln. Sibiu ist definitiv eine Reise wert, auch für mehrere Tage. Besonders im Sommer lohnt es sich, wenn die ganze Stadt ein einziges Konzert ist. Auch kulinarisch muß Sibiu viel zu bieten haben, aber dafür hatten wir diesmal nicht genug Zeit.
Zurück im Hotel holt uns auch schon unser Bus ab. Wir haben für die zweite Woche unseres Rumänienurlaubs mit For Family Reisen 1 Woche in der Casa Alma Via im Dörfchen Alma Vii gebucht (siehe auch mein Blog „Rumänien entdecken- Die Route“). Darauf freuen wir uns besonders, weil wir nun für einige Tage ganz in das dörfliche Leben eintauchen können, weit weg vom Alltag.
Unsere Reiseleiter Lorand und Christian sind schon im Bus und erklären uns auf der Fahrt die wunderschöne transsilvanische Landschaft. Beide sprechen hervorragend Deutsch.
In den letzten Jahren hat sich hier viel getan und es entstanden mehrer neue Unterkünfte, die sich dem sanften Agritourismus verschrieben haben. Mit uns von der Partie noch eine weitere Familie aus Deutschland.
Nach einer guten Stunde, zum Schluß über recht holprige Straßen, sind wir im wunderschönen Dörfchen Alma Vii angekommen.
Herzlich werden wir von unseren Gastgebern Marion und Mike begrüßt, die hier innerhalb von nur 2 Jahren einen alten Bauernhof in ein wahres Kleinod verwandelt haben, der unter dem Namen Alma Via Gäste begrüßt.
Wir kommen, aus dem Staunen nicht heraus und tauchen sofort in diese wunderschöne Atmosphäre ein. Wir wohnen in gemütlichen, neu renovierten Zimmern, die sehr komfortable sind und uns durch viele schöne Details sofort heimisch fühlen lassen. Im großen Innenhof blühen Blumen und Kräuter.
Das Herzstück des Hofes ist definitiv die große neugebaute Scheune, die alt und neu zu einem ganz besonderen und sehr modernen Gebäude verbindet.
Auf einem kurzen Rundgang geht es weiter berghoch über gutriechende Kräuterwiesen mit Trampolin bis hoch auf einen Hügel von dem die historische Kirchenburg Alma Vii ganz nah zu sehen ist, diese werden wir morgen auch noch besuchen.
Das Highlight ist der (leider) gerade noch im Bau befindliche riesige Swimmingpool. Geplant sind Terassensitze auf denen man im Wasser sitzen kann und direkt auf die Kirchenburg schaut. Leider sind wir hierfür etwas zu früh dran.
Zum Abschluß des Tages gibt es ein köstliches Buffett aus transilvanischen und deutschen Speisen. Besonders köstlich die 2 Cremes Vinete (Auberginenmus) und Zakuska (Paprikamus), Tomatensuppe, Schafskäse, Salate, frittierte Zuchinischeiben, Melone und Schinken und zur Freude der Kinder auch Schnitzel, Bratwürstchen und Fleischklößchen.
Dazu probieren wir rumänischen Wein und erfahren von Lorand, Christian, Mike und Marion schon viel über Rumänien und über die Gegend in der wir uns gerade aufhalten. Marion und Mike‘s Sohn Tim ist auch schon ein echter Gastgeber und zeigt den Kindern alle Highlights des Hofes.
So lassen wir den Abend bei anregenden Gesprächen ausklingen und freuen uns schon auf den kommenden Tag.