7.1.2019
Man kommt nach El Chalten, um 2 der Traumberge der Welt zu sehen und zu erwandern: den Fitzroy und den Cerro Torre. Wenn man etwas länger da ist, kann man natürlich auch Mehrtageswanderungen durch die wilde, atemberaubende Bergwelt machen, z.B. die berühmte Huemul-Wanderung (4 Tage, sehr anspruchsvoll). Der größte Risikofaktor ist hier das Wetter, welches einem oft einen Strich durch die Rechnung machen kann. Die Bergmassive sind oft wie wir auch gestern schon erlebt haben, von Wolken verhüllt. Wir haben in El Chalten zwei komplette Wandertage eingeplant und wollen jeden Tag einem der 2 Traumberge widmen. Es sieht so aus, als ob das Wetter sich bessert. Wir taktieren heute ein wenig – am Morgen ist es noch sehr bewölkt – Fitzroy oder Cerro Torre? Da es am nächsten Tag noch etwas besser werden soll und der Cerro Torre Priorität hat, entscheiden wir uns heute für den Fitzroy.
Im Rother Wanderführer Patagonien habe ich schon eine schöne Tour rausgesucht. Von der Hosteria Pilar hoch zur Laguna de los Tres und von dort zurück über die Laguna Capri nach El Chalten, ca. 23 km.
Die Wanderung beginnt an der Hosteria Pilar, dorthin muß man von El Chalten ca. 25 Minuten mit dem Taxi fahren ( 22 Euro). Unser netter Herbergsvater besorgt uns ein Taxi und um 9 Uhr fahren wir los. Zum ersten Mal können wir uns hier in El Chalten auch auf Englisch unterhalten. Unser Taxifahrer kommt ursprünglich aus Feuerland und spricht gutes Englisch. Er checkt das Wetter und ist sicher, daß wir heute den Fitzroy sehen werden. Er gibt uns auch den Tip von der Laguna de los Tres noch etwas weiter zu wandern, um einen Traumblick auf die zweite Lagune zu erhaschen. Diese ist dort oben nicht ausgeschildert und wenn man es nicht weiß, kann man sie komplett verpassen.
Um 9:30 wandern wir endlich los. Es geht zunächst gemächlich bergauf durch wunderschöne Wälder und an Gletscherflüssen vorbei. Auch sind wir fast alleine, was hier auf den großen Routen eine Seltenheit ist. Es macht Spaß. Es geht durch den Wald und wir haben eine tolle Aussicht auf den Gletscher Piedros Blanca.
Nach ca. 2.5 Stunden überqueren wir einen großen Gletscherfluß und füllen dort unsere Flaschen auf.
Vorbei geht es Zeltplatz Poincenot. Ein Zeltplatz heißt hier: Zelte mitten im Wald auf Waldböden mit hohen Wurzeln und keinerlei weitere Einrichtungen. Mit viel Glück, irgendwo 1 (!) Plumpsklo.
Dann sind wir schon am Fuße des Wanderwegs zur Laguna de los Tres. Hier stehen die ersten Warnungen, „physische Fitness“ ist für die kommende Stunde angesagt. Auf einer Moräne (das kennen wir vom Base Torre in Torres El Paine) sollen wir nun 400 Höhenmeter auf einer Strecke von ca. 1 km zurücklegen. Warum der Rother Wanderführer diese Wanderung als einfach einstuft, bleibt uns ein Rätsel.
Wir legen los. Es geht steil nach oben über sehr unwegsames Terrain und es ist wirklich sehr anstrengend. Der regelmäßige Blick zurück in ein wunderschönes, immer größer werdendes Tal lohnt sich aber.
Ich mache eine kleine Pause und plötzlich schwebt ein Condor direkt unter mir im Tal. Ich kann die weißen Flügel von oben sehen. Es ist beindruckend. Mit der Kamera läßt sich der Kondor allerdings kaum einfangen.
Wir kämpfen uns durch und erreichen nach ca. 1 Stunde den Berggipfel.
Von hier sieht man allerdings nicht, wie erhofft, die Lagune, sondern muß noch einmal hoch und runter über Moränengestein und einen zweiten Gipfel erreichen.
Nun endlich gibt es die Belohnung. Ein wunderschöner, klarer, türkisfarbener Gletschersee tut sich vor uns auf. Dahinter wie ein Amphitheater der Fitzroy – nun fast ohne Wolken – und seine Trabanten. Ein wunderschöner Anblick, der zum Picknick einlädt.
Wir genießen den Anblick, gemeinsam mit weiteren 50 Wanderern und folgen dann noch dem Rat des Taxifahrers und wandern etwas weiter links über einen hohen Moränenhügel.
Hier ist schon deutlich weniger los. Wir werden mit einer zweiten grün-blauen Lagune und etwas mehr Einsamkeit belohnt.
Nun folgt der schwere Abstieg und der hat es tatsächlich in sich. Ein Zick-Zack-Pfad durch tiefe, rutschige Felsen mit ständigem Gegenverkehr. Heute werden meine Knie leiden, da ich leider keine Stöcke dabei habe.
Die Kinder sind schneller aber nach eine guten Stunde habe ich es auch geschafft – definitiv keine Kategorie „einfach“.
Nun wandern wir ein paar Kilometer weiter bis zur Laguna Capri, die tatsächlich einen kleinen Strand hat und dann geht es die bekannten 4km (von gestern) wieder steil nach unten bis nach El Chalten.
Eine tolle, aber definitiv lange (9 Stunden mit Picknickpause) und anstrengende Wanderung – die sich für uns aber gelohnt hat, da wir bei dem tollen Wetter alles sehen konnten.
Unten in El Calten hat sich dann auch das letzte Wölkchen vom Fitzroy verzogen und wir sehen das gesamte Bergmassiv im schönen Frühabendlicht.
Im Supermarkt holen wir Nudeln, Tomatensauce, eine Flasche Rotwein und Brot und Käse für die Sandwiches für morgen. An der Straße werden frische Kirschen verkauft – da nehmen wir auch noch ein paar mit.
Nach einem netten, einfachen Abendessen fallen wir müde ins Bett.
Mal sehen, ob uns der Wettergott auch am letzten Tag in Patagonien noch hold ist.